Kinderbuchautorin
Hannelore Jost


Home

Leseprobe

Impressum

zum Shop

Termine




Wunderschönhauen und sein größtes Geheimnis



Wunderschönhausen und sein größtes Geheimnis
Einband Softcover, 138 Seiten, 20 Bilder
Preis: 14,90 Euro

ISBN 978-3-86468-252-9
(Ab Dezember 2015 - ISBN 978-3-9817038-2-5)
Kinderbücher mit einer Altersempfehlung 8-10 Jahre



Leseprobe
Woher kam nur diese leise, wispernde Stimme. Frieda sah sich um. Sie schaute ihre Familie an, aber die schien nichts gehört zuhaben.
Sicher hatte sie sich das nur eingebildet.
Doch ein paar Sekunden später war da wieder diese helle Stimme: „He Frieda, ich bin es, Glückskäferle. Hier über deinem rechten Ohr.“
Frieda nahm ihre Hand und fühlte die Umrisse des kleinen Käfers.
„Hallo Glückskäferle, wie geht es dir?“, begrüßte das Mädchen den Marienkäfer. Vergessen war das Frühstück, vergessen war auch, dass ihre Eltern nichts von Wunderschönhausen hören wollten. Träumerisch schwärmte Frieda vor sich hin: „Tolle Abenteuer haben wir zusammen erlebt, damals in Wunderschönhausen, richtig schöne Abenteuer.“
Glückskäferle freute sich. „Schön dass ich dich gefunden habe. Wir brauchen deine Hilfe, wir brauchen die Zauberbrille. Du hast sie doch hoffentlich noch!“, fragte er hilfesuchend.
„Was, diese komische dunkle Brille braucht ihr?“, fragte Frieda ihren kleinen Freund ungläubig.

„Führst du neuerdings Selbstgespräche?“ Der Blick ihres Vaters war sehr eindringlich und Friedas Mutter wollte ihr an die Stirn fassen, um zu prüfen, ob sie Fieber hatte.

„Ich habe euch doch von Wunderschönhausen erzählt und davon, wie ich den Mondlicht-Stein gefunden habe. Außerdem ist es dort sehr, sehr schön. In Wunderschönhausen ersetzt der Mondlicht-Stein die Sonne. Der Stein liegt ganz tief auf dem Grund des Mondscheinsees und erstrahlt wie eine am Morgen aufgehende Sonne. Als ich ihm das allererste Mal sah, vergaß ich alles um mich herum, auch die Warnungen vor dem bösen Lichtibus. Ich sah nicht die vielen Tiere im Safaripark und hörte auch nicht die warnenden Rufe von Felix. Felix, das war – nein, das ist – mein bester Freund in Wunderschönhausen, er ist ein großer bunter Schmetterling.“

„Frieda“, fragte ihre Mutter besorgt, „geht es dir auch wirklich gut?“
„Ja, es geht mir gut. Es könnte mir nicht besser gehen, als gerade jetzt, wo mich Glückskäferle besucht. Schaut doch in mein Haar, seht ihr den Marienkäfer? Das ist Glückskäferle, und der hat gerade mit mir gesprochen. Vielleicht darf ich wieder einen Tag in Wunderschönhausen spielen und glücklich sein.“

Vor Aufregung und Vorfreude konnte Frieda nicht mehr stillsitzen. Sie wollte auch nicht weiter frühstücken. Sie musste einfach berichten: „In Wunderschönhausen ist Schönheit das oberste Gesetz. Alles und jeder muss schön sein. Wer seine Schönheit verliert, wird unsichtbar. Überall sind große regenbogenfarbene Kugeln, welche sich zu übergroßen Spiegeln ausbreiten. Diese Spiegel haben Arme und Beine, und wenn sie mit dir sprechen, bekommen sie auch ein Gesicht. Damals, als ich in Wunderschönhausen war, blieb so eine bunte Kugel vor mir stehen und wurde zu einem solchen Spiegel.
Er zeigte mir, dass ich die schönste Prinzessin war. Diese regenbogenfarbenen Kugeln sind die Wächter der Schönheitspolizei. Aber kein Kind braucht sich vor ihnen zu fürchten. Sie kommen mit einer Waschschüssel und waschen alles blitzblank, kämmen das Haar oder putzen einfach nur die Schuhe.“

„Jetzt reicht es!“, polterte ihr Vater los. „Aus dem Alter, wo man solche Fantasien haben darf, bist du doch wohl längst raus. Frieda, wach auf!“
„Aber das ist die Wahrheit“, protestierte Frieda und plapperte aufgeregt weiter. „Damals in Wunderschönhausen blieb so eine regenbogenfarbene Kugel vor mir stehen und wurde zu einem großen Spiegel. Dieser sprach: »Willkommen bei uns in Wunderschönhausen. Du bist die schönste Prinzessin hier, du darfst für einen Tag bleiben. Schönheit ist bei uns das oberste Gesetz. Alles und jeder muss schön sein. Achte immer darauf. Wer seine Schönheit verliert, wird unsichtbar. Nun wünsche ich dir noch viel Spaß«, fuhr das Gesicht im Spiegel fort. »Schaue dir alles an, spiele und freue dich. Du kannst auch zum Frisör gehen oder zum Schneider, zur Kosmetik oder ins Nagelstudio. – Nun möchte ich mich von dir verabschieden.« Mit einer kleinen Verbeugung verabschiedete sich der Spiegel von mir, wurde wieder zu der regenbogenfarbenen Kugel, flog nochmals um mich herum, hüpfte und murmelte fröhlich: »Schön, schön, schön, die schönste Prinzessin hier.« Dann flog er davon.“
Frieda musste lächeln. Träumerisch sprach sie weiter: „Ach, wenn ich doch wieder in Wunderschönhausen sein könnte, nur für einen Tag.“

Ihre Mutter ließ vor Schreck ihren Löffel fallen. Der Kaffee spritzte über den gesamten Tisch und einige Tropfen landeten mitten auf Friedas Stirn.
Friedas Vater schaute sie an und schnappte nach Luft. Endlich fand er seine Sprache wieder: „Christina Annabell Fridoline Müller, komme endlich auf den Boden der Tatsachen zurück. Es gibt kein Wunderschönhausen und auch keine Glückskäferle oder Marienkäfer, die reden können. Und du kannst auch keinen Tag nach Wunderschönhausen reisen. Höre bitte auf zu träumen!“
Vor Entsetzen röteten sich seine Wangen.
Friedas Mutter starrte das Mädchen noch immer mit offenem Mund an. Nur Friedas Brüder steckten die Köpfe zusammen und tuschelten. Die beiden schauten ihre große Schwester bewundernd an. Solche spannenden Abenteuer würden sie auch gern mal erleben.